Der VDJ hat mit Chefredakteuren der Düsseldorfer Medien und Oberbürgermeister Thomas Geisel über die Zukunft des Medienstandortes diskutiert. Denn dort findet zurzeit ein starker Umbruch statt.
Mit einem hochkarätig besetzten Panel lockte der Verein Düsseldorfer Journalisten (VDJ) am Abend des 24. Mai in den Sitzungssaal 1 der Landesanstalt für Medien (LfM) Nordrhein-Westfalen im Düsseldorfer Medienhafen: Auf dem Podium saßen Thomas Geisel (Oberbürgermeister der Stadt), Michael Bröcker (Chefredakteur Rheinische Post), Gabi Ludwig (Chefredakteurin der NRW-Landesprogramme im WDR-Fernsehen) und Thomas Tuma (stellv. Chefredakteur Handelsblatt).
Begrüßt wurden die Gäste von Doris Brocker, der stellvertretenden Direktorin der LfM, deren Stiftung sich gezielt für die Vielfalt des Lokaljournalismus in NRW einsetzt, sowie von Julie Edelmann-Veith, der stellvertretenden Vorsitzenden des VDJ, dem mit über 800 Mitgliedern zweitgrößten Ortsverein des DJV NRW. VDJ-Vorstand Andreas Vollmert moderierte den Abend mit Charme und Geschick. Rund 30 Vertreter der Düsseldorfer Medienszene saßen im Publikum.
Düsseldorfer Medien im Wandel der Zeit
Bürgermeister Geisel bedauerte zunächst, dass sich die Entwicklungen um den Medienhafen bisher „nicht im vollen Umfang erfüllt“ hätten, kritisierte aber auch, dass die Überkreuzbeteiligungen einiger ortsansässiger Medienunternehmen die Medienvielfalt mindern würden. Damit lag er nicht ganz falsch: Düsseldorf verfügt zwar im Vergleich zu vielen anderen Städten Nordrhein-Westfalens über eine relativ reichhaltige Medienlandschaft: allein für die Lokalberichterstattung hat das Dorf an der Düssel mehrere Tageszeitungen, Wochenblätter und Rundfunksender.
Rheinische Post und Westdeutsche Zeitung, eigentlich Konkurrenten im Lokalen, betreiben heute „Content-Kooperationen“. NRW.TV und Center TV, einst gepriesen als heimische Innovationen des Regional- und Lokalfernsehens, haben ihren Betrieb komplett eingestellt. Die Deutsche Fernsehnachrichtenagentur (DFA), einst prominentes Aushängeschild des Düsseldorfer Medienhafens, hat ihren Standort in der Landeshauptstadt aufgegeben. Und ab 2019 will nun auch der WDR einen Großteil seiner TV- und Online-Mitarbeiter aus Düsseldorf nach Köln verlagern.
WDR-Fernsehen zieht’s nach Köln, Handelsblatt investiert ins Konferenzgeschäft
Sendungen wie die Aktuelle Stunde und WDR aktuell werden künftig nicht mehr aus Düsseldorf gesendet. Gabi Ludwig, die die Regionalisierung von Hörfunk und TV beim WDR einst mitprägte, begründete die Verlagerung mit größeren Umstrukturierungen im WDR-Sendebetrieb insgesamt und verwies optimistisch auf alles noch in Düsseldorf Verbleibende, etwa das Landesstudio mit der Lokalzeit, die Westpol-Redaktion oder die Bereiche Hörfunk und Social Media.
Bürgermeister Geisel zeigte sich von den Argumentationslinien des WDR wenig begeistert und begrüßte umso mehr, dass das Handelsblatt sich nach langen Verhandlungen gegen einen Wegzug entschieden und stattdessen einen großen Neubau in Düsseldorf bezogen hat. Ins gleiche Gebäude sollen nun auch die rund 100 Mitarbeiter des Konferenzveranstalters Euroforum einziehen, den die Handelsblatt Media Group zugekauft hat. Das Konferenzgeschäft sei nicht nur anständig und lukrativ, berichtete Thomas Tuma, sondern auch journalistisch spannend. Ähnliches gelte für die Versuche, Online-Nutzer zu zahlenden Lesern zu machen, was wiederum auch Michael Bröcker aus RP-Sicht bestätigte.
Die Zukunft des Medienstandorts und seiner Akteure
Weitgehend Einigkeit herrschte unter den Diskutanten, dass man in der Standortfrage den Medienbegriff weiter fassen sollte: In Düsseldorf ansässige Firmen wie QVC, Vodafone, Sipgate oder Trivago sowie diverse digitale Startups seien schließlich im weitesten Sinne ebenfalls Medienunternehmen, deren Aktivitäten man beachten sollte und die auch für Verlage und Sender noch einiges an Vernetzungspotenzial böten.
Bauchschmerzen bereitete indes auch in Düsseldorf die Frage nach der Situation freier Journalisten. Denn einerseits stehe die wirtschaftliche Lage der klassischen Medien vielerorts immer noch auf wackligen Füßen. Nicht nur Lokalzeitungen klagen über rückläufige Umsätze. „NRW ist auch ein schwerer Markt für lokales und regionales Fernsehen“, kommentierte Christian Zeelen, der als Gast gekommen war und aus seiner Erfahrung als ehemaliger Chefredakteur von Center TV Düsseldorf berichtete.
Freie Lokaljournalisten: geschätzt, aber oft unterbezahlt
Anderseits seien die meisten Medienunternehmen weiterhin auf qualifizierte Zuarbeit angewiesen, wie Gabi Ludwig für den WDR explizit bestätigte: „Ohne freie Mitarbeiter könnten wir einpacken“. Michael Bröcker hält die Mitarbeit der Freien ebenfalls für „existenziell, gerade im Lokalen“. Doch gerade dort gebe es weiterhin Nachwuchssorgen, denn allein von den Honoraren einer Tageszeitung komme man nur schwer über die Runden. Die Suche nach zukunftsfähigen Geschäfts- und Bezahlmodellen wurde letztlich nicht nur beim abschließenden Umtrunk vielseitig debattiert, sondern könnte laut Gesprächen des VDJ-Vorstands auch zum Titelthema der nächsten Veranstaltung in ähnlichem Rahmen werden.
(Text: Stanley Vitte, Fotos: Christian Kiel)